Flatten the curve

Warum ich gerade jetzt daran denken muss, weiß ich nicht.

Ich erinner mich noch daran, wie im März 2020 gesagt wurde. Wir können das ohnehin nicht stoppen. Wir werden uns fast alle Infizieren, es geht nur darum, es zu verlangsamen („flatten the curve“), dann werden die Intensivstationen nicht dekompensieren und man kann die schweren Fälle besser behandeln.

Die Kurve ist dann extrem viel flacher ausgefallen als erwartet, was offensichtlich dazu geführt hat, dass viele mutierte Virustypen auf weiterhin auf eine Bevölkerung trifft, die bislang noch überhaupt keinen Kontakt zum Virus hatte. Bielefeld ist aktuell ziemlich dunkelrot markiert, aber bisher haben lt. Robert-Koch-Institut immer noch keine 5 % der Bevölkerung eine Corona-Infektion in den letzten 1 1/2 Jahren gehabt (4,88 % zum 14.8.21).

Wenn die Impfung tatsächlich so schlecht gegen die Infektion wirkt, sind über 95 % der Bevölkerung problemlos infizierbar. Zumal viele Impfungen inzwischen ja auch mehr als 1/2 Jahr her sind.

Die ganzen Maßnahmen sind weiter eingreifend und bunt. Ich bin das sonst aus der Medizin wirklich nicht mehr gewöhnt, dass nach Gutdünken alles ausprobiert wird, was vielleichthelfen könnte, und wenn’s das nicht tut, ein bisschen mehr Druck gemacht – nach dem Motto „viel hilft viel“. Eigentlich macht man doch heute in der Medizin nur noch das was, Evidenzbasiert gut genug abgesichert ist, am besten im Doppelblindversuch, aber doch zumindest mit einer Kontrollgruppe, wenn es nicht anders geht. Allein schon weil man, wenn man das nicht täte, wegen grober Verletzung der Sorgfaltspflicht drangekriegt würde.

Schade, dass das nicht für die aktuellen bevölkerungsweiten Maßnahmen gilt. Aber hier werden ja auch nicht nur wenige Menschen „behandelt“, sondern viele Millionen, und da alle dann in einem Boot sitzen kann man sich schwerer wehren. (?, das ist völlig unlogisch). Schade, dass das nicht so schnell erfasst wird. (Aber ich frage mich, ob das nicht schon fast signifikant ist, dass wir in den letzten über 10 Jahren in einer Teamsitzung nie mehr als einen Fall bzgl. Unterstützung Hinterbliebener nach Suizid hatten, und letzte Woche in einer Sitzung drei. Zufall, solange es dabei bleibt. Und die Ursachen sind ja auch völlig unklar.)

Aktuell: Man stellt fest: die Impfungen helfen gar nicht so gut. Also wird mehr Druck auf die Ungeimpften ausgeübt, dass sie sich endlich impfen lassen. Es ist immerhin gut, dass die Tests für die geimpften kostenlos bleiben. Weil ja die Impfungen nicht gut funktionieren, muss man ja auch besonders die geimpften weiter testen. (Aber das verlangt doch gar keiner…)

Ok, zugegeben, die Impfungen helfen nicht besonders gut, die Ausbreitung des Virus zu stoppen, aber schwere Verläufe sind doch so wie ich es verstanden habe, deutlich seltener. Alles klar: Deswegen werden jetzt auch die Kinder verstärkt geimpft. Nein, das ist auch nicht logisch, die Kinder haben doch gar nicht so sehr die schweren Verläufe. Oder wie nun.

Logisch und zielgerichtet erscheint mir das nicht. Und das ist ja beruhigend. Das spricht nämlich sehr klar dafür, dass keine der Verschwörungstheorien auch nur ansatzweise plausibel ist. Im Prinzip haben wir es doch nur mit kopfloser Panik zu tun, und das ist uns vertraut, das ist nichts neues.

Also sollten wir diesen ganzen Quatsch ein bisschen weniger gewichten und die ernsten Probleme in den Fokus nehmen, die uns eher bedrohen könnten, nämlich die inzwischen in eine eigendynamische Steigerung einmündende Zerstörung unserer Umwelt.

… und ich muss Essen machen… die Familie mosert. 😉

Zentren

Schade, schon wieder ein coronabezogener Beitrag, vielleicht hilft es, zu schreiben, dann kann es vielleicht anders werden.

Bin gerade auf dem Weg vom Bäcker (fast völlig verwaist alles, Sonntag morgens…) an einem Testzentrum vorbeigekommen und habe mich gefragt, warum man überhaupt überall Zentren – Impfzentren, Testzentren etc. – errichtet, um viele Menschen auf einmal zusammenzubringen.

Seit gestern herrscht Ausgangssperre Nachts, auch für Einzelpersonen von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr morgens (wenn ich es richtig verstanden habe, die Zeitung schrieb es bereits, auf der Internetpräsenz der Stadt stand gestern früh noch nichts).

Woher kommt die Annahme, dass die Gefahr von Neuinfektionen größer ist, wenn vereinzelte Menschen sich in der Zeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr draußen bewegen, als wenn hunderte aus verschiedensten Regionen sich zwar mit Maske und 1,5 m (2,5 ? ich war noch nicht drinnen und weiß nicht, wie es faktisch aussieht) Sicherheitsabstand in Innenräumen für eine Testung treffen. Für den Test muss ja die Maske auch abgenommen werden, einmal kräftig durch die potenziellen Viren gerührt werden, und dieses Konzentrat dann durch mindestens 1/2 Meter Raum befördert werden.

Ich hoffe es gibt Studien, die im Vergleich belegen können, dass das Risiko der nächtlichen Spaziergänge ausreichend größer ist, um derartige Verbote und Bußgelder zu rechtfertigen. Da stellen sich viele Fragen, die allerdings in ein anderes Kapitel gehören.

Zurück zu den Zentren. Ich frage mich (und Euch), wie es in anderen Ländern abläuft.

Die Erschaffung von Zentren irritiert mich sowieso schon seit geraumer Zeit, lange vor Corona. Vielleicht steckt in mir eine frühneuzeitliche Denkweise der Regionalisierung, vielleicht bin ich zu weit von einem zentralstaatlichen Denken entfernt? Oder ist es auch nur so, dass hier etwas an Zentralismus nachgeholt wird, was in anderen Bereichen Europas vor Jahrhunderten virulent war?

In Gedanken bin ich z.B. bei Schließungen von Grundschulen in dörflichen Gegenden, von Krankenhausschließungen und Fusionen. Achtung, alles was folgt sind keine exakten Fakten sondern nur grobe Erinnerungen, der wahrscheinlich aber auch nicht völlig falsche Widerhall in meinem Kopf. Es heißt, Krankenhäuser, die nicht ausreichend mit bestimmten Erkrankungen ausgelastet sind, auch nicht mehr kompetent genug sind, diese zu behandeln. Als Beispiel Schlaganfälle. Eine Behandlungseinheit muss bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, und auch eine Mindestanzahl von Fällen behandeln (sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder aus konkreten Vorgaben). Da aber schnell behandelt werden muss, gilt es nun die weiteren Transporte zu organisieren. Das ist häufig ein Problem. Möglicherweise wollen Menschen aber auch gar nicht weit weg von ihren Angehörigen sein, wenn sie krank sind, ein nahe gelegenes Krankenhaus mag für viele wünschenswerter sein. Manche würden vielleicht auch gesundheitliche Risiken, so sie dann einigermaßen vertretbar wären, in Kauf nehmen, wenn sie in der Nähe ihres Zuhause behandelt würden, und vielleicht – in einem Kleinkrankenhaus war das gar nicht so unwahrscheinlich – sogar die Behandler kennen.

Da bin ich schon wieder bei einem anderen Thema: darf ich überhaupt noch selbst Risiken eingehen und über meine Risiken entscheiden? (Warum ist Autofahren noch nicht verboten? Ok, von mir aus: Warum ist Fahrradfahren noch nicht verboten?)

Ein letztes Mal zurück zu „Zentren“: Die Neigung zu Zentren korrespondiert ja doch stark mit Landflucht und Verstädterung. Aber da hierbei auch erhebliche Mobilität gefordert wird, sieht es mir doch so aus, dass diese Zentralisierung nur ein anderer Aspekt der Globalisierung ist. Die hohe Mobilität ermöglicht Zentralisierung und die Zentralisierung erfordert Mobilität. Mobilität kostet viel Energie, und egal wie sie produziert wird, ist das heikel. Hier bedeutet Mobilität klar CO2 -Ausstoß, egal, ob das eine oder andere Elektrofahrzeug dabei ist, vor allem so lange der meiste Strom hier immer noch fossil erzeugt wird.

Genug davon. Nun erst einmal frühstücken…

Corona-Schnelltests: Wie viele falsch positive Ergebnisse gibt es?

… oder wie muss ich mit den Informationen Sensitivität und Spezifität umgehen?

(Einleitend für den ersten Post: Ich habe die Seite Senf eingerichtet für Dinge, wo ich meinen Senf dazu geben möchte. Hier ist ein sehr milder…)

Achtung: Informationsstand vom 19.3.2021.

Ausgangspunkt: Die Kids sollen in den Schulen Schnelltests durchführen. Mich interessieren die Fragen, was ist zu erwarten, wenn ein Test positiv ist? Also: Wie wahrscheinlich liegt dann tatsächlich eine Infektion vor, mit welcher Häufigkeit muss man mit einem falsch-positiven Ergebnis rechnen?

Da ich auch immer wieder erlebe, dass selbst Fachkollegen nicht in der Lage sind, dies abzuschätzen… gebe ich diesen Senf öffentlich ab, verweise zu den Erläuterungen auf die Wikipedia.

Bei einem positiven Testergebnis müssen sich die Kinder sofort in Quarantäne begeben, einen PCR-Test vereinbaren. Die Quarantäne wird erst mit Erhalt eines negativen Tests aufgehoben. (Zum 19.3. gültige Quarantäneverordnung NRW vom 18.1.2021 §2 Abs. 1).

Information über die Kenndaten des Roche-Tests SARS-CoV-2 Sensitivität 96,52 %, Spezifität 99,68 % lt. Hersteller (Link zum Fact-Sheet).

Die Prävalenz der Infektion ist schwer zu schätzen, vom 19.3. berichtet die Stadt Bielefeld, dass das RKI schätze, dass derzeit 490 EinwohnerInnen infektiös seien. Ich gehe für die Rechenbeispiele somit erst einmal bei ca. 334000 Einwohnern von einer aktuellen Prävalenz von 0,146 % aus.

Und: Ich setze hier voraus, dass die Kenngröße „Antigen vorhanden“, die der Test überprüft, gleichzusetzen ist mit „Infektiös“. Das scheint mir aber auch recht plausibel. Die Tests reagieren auf das Nukleocapsid, und offenbar nicht auf das Spikeprotein, das ja vielleicht bei frisch geimpften im Blut herumschwirren kann.

Mit der Vier-Felder-Tafel ergibt sich:


PositivNegativ
Infektiös (0,146%)(96,52% von 0,146%): 0,141%(3,48% von 0,146%): 0,005%
Nicht infektiös (99,854%)(0,32% (100%-99,68%) von 99,865%): 0,32%(99,68% von 99,854 %): 99,534%

Das heißt im Klartext: Bei einem positiven Schnelltestergebnis liegt mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 69,4% ein falsch positives Ergebnis vor.

Oder: wenn alle ca. 710 Schüler getestet würden, müßte man an der Schule mit ca. einem richtig positivem Test rechnen und ca. 2 falsch positiven.

Wichtig ist, dass die PCR-Nachtestung schnell erfolgt, sonst müssen die zwei falsch positiv getesteten Kinder und ihre Familien mit einer unnötigen Quarantäne (die nach der aktuell gültigen Verordnung automatisch angeordnet ist, wenn der Schnelltest positiv ist;   dafür bezahlen, dass das eine Kind mit der Infektion identifiziert worden ist.

Die Zahlen habe ich zwar hübsch genau ausgerechnet, das aber nur, um die Rechnungen nachvollziehbarer zu machen. Ich hoffe, es ist jedem klar, dass die Realität sicher noch einmal ganz anders aussieht. Auf einen Versuch einer Fehlerrechnung (Berücksichtigung der zu erwartenden allein schon statistischen Ungenauigkeit der Ausgangsdaten) habe ich verzichtet.

Dass die Daten auch systematische Ungenauigkeiten haben, ist nahezu sicher: Da z.B. die Infektionen als Cluster, also an bestimmten Stellen gehäuft auftreten, die hier im Moment nicht die Schulen, sondern Altersheime und anscheinend religiöse Versammlungen waren, wäre entsprechend die zu erwartende Prävalenz in der Schule sehr viel niedriger, was einen noch höheren Anteil an falsch positiven Tests bedeuten würde. Genauso gut könnte es aber sein, dass die Dunkelziffer an asymptomatischen Infektionen völlig unterschätzt wird, gerade im Kindesalter. Dann wäre der Anteil an falsch positiven Tests niedriger.

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein positives Testergebnis falsch ist, erhöht sich übrigens bei geimpften Menschen natürlich noch einmal massiv. Dennoch werden auch geimpfte Personen breit gefächert getestet. Ob das so eine gute Idee ist? Jedesmal Quarantäne bis zum PCR-Test?

Nachwort:

Nun wird wie irrsinnig getestet, aber niemand wertet die Datenflut, die jetzt entsteht, systematisch aus. Das heißt, die offenen Fragen könnte man alle beantworten, aber keiner macht sich die Mühe. Oder habe ich das falsch beobachtet? Wenn ich mich irre, und all dies, was ich mir wünsche auch gemacht wird, dann: Bitte, bitte, es wäre schön, wenn in den Medien nicht nur die Unvernunft dargestellt wird, sondern auch das, woran man sich wirklich orientieren kann.

Jetzt, eine Woche nach den Tests in der Schule müsste man doch schon allein durch den Vergleich meiner Erwartungswerte mit den tatsächlichen Testergebnissen an der einen Schule meiner Kinder recht deutliche Vermutungen anstellen können, ob z.B: die Dunkelziffer bei Kindern mutmaßlich über- oder unterschätzt wird.

Erforderlich wäre es

  • die Daten überhaupt zu sammeln,
  • sie auszuwerten,
  • die Ergebnisse zu veröffentlichen,
  • hieraus genauere Risikoabschätzungen für bestimmte soziale Situationen vorzunehmen,
  • und daraus die Maßnahmen für den Umgang mit der Pandemie optimieren.

Am besten alle diese Schritte, so öffentlich wie möglich gestalten! Transparenz gibt Sicherheit.

Is’n Disclaimer nötig? Wahrscheinlich schon. Alles hier geschilderte ist nur meine subjektive Meinung, ich bitte um sofortige Rückmeldung, wenn jemand der Ansicht ist, dass ich gegen geltendes Recht verstoße. Ich distanziere mich natürlich auch von Inhalten externer Links etc. etc. etc.